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Susanne Debbas

3 gute Gründe, warum es ADHS gibt



Immer mehr Wissenschaftler, Ärzte und Therapeuten betrachten ADHS-Symptome aus dem Blickwinkel der Evolution. Und es lohnt sich, um das Phänomen besser zu verstehen und weniger als "Störung" zu betrachten.


Stärke statt Störung


Denn bei der gängigen Sichtweise auf ADHS zielen die Diagnosekriterien darauf ab, inwieweit die Betroffenen nicht in die gesellschaftliche Norm passen und inwieweit sie andere durch ihr Verhalten beeinträchtigen. Die eigentlichen Symptome und Erfahrungen, die sie als Individuen machen, spielen dabei eine untergeordnete Rolle.


Im Gegensatz dazu sind inzwischen viele der Meinung, dass die evolutionäre Perspektive einen positiven Einfluss darauf haben könnte, wie wir ADHS definieren und betrachten.

Konkret untersuchen Forscher verschiedener Universitäten seit einiger Zeit, wie wir Menschen uns im Laufe der Geschichte entwickelt haben, welche Fähigkeiten einst in nomadischen Jäger- und Sammlergesellschaften geschätzt wurden – im Vergleich zu den Fähigkeiten, die heute in der modernen Gesellschaft bevorzugt werden.


Heute erwünschte Fähigkeiten


Es ist kein Geheimnis, dass Fokussierung, Konzentration und Organisation heute sehr geschätzt werden. In der Schule schneiden jene Schüler, die über längere Zeiträume stillsitzen und sich konzentrieren können, im Durchschnitt besser ab. Bei der Arbeit, in den Büros, gilt oft: Je mehr Zeit man am Schreibtisch verbringt, desto besser.


Wissenschaftler argumentieren, dass der moderne Schul- und Arbeitsalltag ein übermäßiges Maß an Stillsitzen und Konzentration erfordert, was in der Geschichte der Menschheit eine relativ neue Fähigkeit ist, und dass einst wichtige Überlebensfähigkeiten heute leider als störend und unproduktiv angesehen werden.


Überlebenskünstler statt Außenseiter


Verschiedene Studien beschreiben mittlerweile, dass Menschen mit ADHS-typischen Eigenschaften in Nomadenstämmen möglicherweise die besten Überlebenskünstler waren:


1 - Sie waren erfolgreichere Sammler als ihre Artgenossen. In einer Studie von David L. Barack von der University of Pennsylvania, bei der die nomadische Nahrungsmittelsuche simuliert wurde, verließen jene mit ADHS-Symptomen die bekannten Nahrungsquellen schneller und machten sich auf die Suche nach neuen Nahrungsquellen. Auch wenn es die weniger "sichere" Methode darstellt, kehrten die Teilnehmer insgesamt mit größerer Ausbeute zurück.


2 - Sie waren mutige und anpassungsfähige Siedler. Eine Studie von Chuansheng Chen belegte bereits vor Jahren anhand genetischer Analysen, dass Menschen mit ADHS-typischen Eigenschaften die Migration von Afrika nach Europa und Asien vor 50.000 Jahren anführten. Sowohl Offenheit, Neugier und Mut für die Erschließung neuer Lebensräume als auch die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität im Umgang mit den vorgefundenen Bedingungen machten wohl die Migration für die gesamte Gemeinschaft erst möglich.


3 - Sie konnten schneller auf Bedrohungen reagieren. Die für ADHS typische Reizoffenheit war möglicherweise überlebenswichtig, um ein umfassendes Wissen über die Umgebung zu erlangen und dadurch bei Veränderung Gefahren schneller zu erkennen. Die Fähigkeit, in Krisen schnell und effektiv zu handeln, war dann wichtig, um Schaden von der Gemeinschaft abzuwenden.


Neurodiversität ist ein Gewinn für alle


Die erforderlichen Kompetenzen haben sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung verändert, denn heute werden in Schule und Beruf meist andere Fähigkeiten geschätzt. Einige Forscher sehen darin eine evolutionäre Diskrepanz, die den Leidensdruck von Menschen mit ADHS hervorruft.


Helen Taylor, Forscherin an der Universität von Cambridge, befürwortet die Perspektive der komplementären Kognition, also das wertvolle Zusammenspiel verschiedener kognitiver Fähigkeiten in einer Gesellschaft. Denn aus evolutionärer Sicht ist Neurodiversität kein Makel, sondern Bedingung für erfolgreiche Gesellschaften.


Insofern stellt sich auch die Frage, in welchen Berufen Menschen mit ADHS ihre Fähigkeiten am besten zur Geltung bringen können. Das ist pauschal zwar nicht zu beantworten, aber Berufe, die von Leidenschaft getrieben, intensiv, strukturiert, dynamisch und kreativ sind, sind am ehesten geeignet, denn sie sorgen für anhaltendes Interesse und Motivation.


Wenn du herausfinden willst, wie du deine ADHS-Stärken in deinem Alltag besser einsetzen kannst, dann buche einfach ein Coaching-Erstgespräch mit mir.



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