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Susanne Debbas

Dein Haustier, dein Coach


Eine Frau beim Wandern, mit Rucksack und einem Hund auf den Schultern, im Hintergrund Berge und Seen

Katzen, Hunde, sogar Pferde, Schildkröten und Vögel haben bemerkenswerte Fähigkeiten: Sie können ihren Menschen Sicherheit und Unterstützung bieten und damit einen großen Beitrag zu mentaler Gesundheit leisten.


Assistenztier, Emotional Support Animal, tierischer Freund


Assistenzhunde übernehmen spezielle Aufgaben wie das Finden des Fahrstuhls für Blinde oder das Warnen vor einem bevorstehenden Epilepsie-Anfall, während Tiere zur emotionalen Unterstützung, sogenannte Emotional Support Animals (ESA), Menschen mit einer psychischen Erkrankung Trost und Halt im Alltag und in Krisensituationen spenden.


Und all die anderen Tiere, die mit ihren menschlichen Familien zusammenleben? Jeder Hundebesitzer würde wahrscheinlich zustimmen, dass sein Tier, unabhängig von einer speziellen Ausbildung, eine unbezahlbare Kombination aus Nähe, bedingungsloser Wertschätzung und Zuneigung bietet.


Was genau macht sie zu so wertvollen Begleitern, insbesondere für neurodivergente Menschen? Wissenschaftler um die britische Psychologin Helen Louise Brooks sind zu dem Schluss gekommen, dass Haustiere auf verschiedene Weisen zur Bewältigung psychischer Erkrankungen wie Depressionen, Ängsten oder Burnout beitragen können, die häufig als Folge von ADHS auftreten können.


Emotionale Arbeit


Tierische Begleiter haben die einzigartige Fähigkeit, auf Krisensituationen oder akute Symptome intuitiv und unbefangen zu reagieren. Indem sie sich neben ihre Besitzer legen oder ihnen die Tränen trocknen, können sie Sorgen lindern, Trost spenden und Gefühle der Isolation und Einsamkeit abmildern. Besonders Menschen mit Autismus, Depressionen oder posttraumatischer Belastungsstörung können davon profitieren.


Für neurodivergente Menschen kann diese Unterstützung besonders wichtig sein, wenn sie Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Emotionen zu erkennen und zu regulieren. Haustiere können eine Art emotionales Barometer sein, das ihnen hilft, ihre Gefühle besser zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.


Wenn der eigene Hund dich zum Beispiel anstupst, sobald es Streit gibt und die Emotionen drohen, außer Kontrolle zu geraten, ist das ein überaus effektiver Impuls, um aus dem Strudel der Gefühle herauszufinden. Die ruhige Präsenz eines Haustiers kann dazu beitragen, die emotionale Dysregulation zu mildern und die Stimmung zu stabilisieren.


Praktische Arbeit


Körperliche Aktivität ist fundamental wichtig für unser Wohlbefinden und wird daher auch bei vielen psychischen Erkrankungen empfohlen. Regelmäßige Spaziergänge mit dem Hund oder das Spielen mit der Katze können genau das bewirken.


Eine weitere Fähigkeit von Haustieren ist das Ablenken der Aufmerksamkeit von Symptomen oder beunruhigenden Erlebnissen wie Panikattacken, indem sie einen positiven Fokus auf Aktivitäten bieten oder sogar Humor in Situationen bringen.


Für Menschen mit ADHS, die häufig Schwierigkeiten haben, sich zu organisieren und motiviert zu bleiben, können Haustiere eine Quelle der Struktur und Routine sein. Die Notwendigkeit, sich um ein Tier zu kümmern, kann dazu beitragen, einen täglichen Zeitplan zu schaffen und diesen auch umzusetzen. Auf diese Weise können die individuellen Exekutivfunktionen gestärkt werden.


Soziale Interaktion


Haustiere dienen auch als Vermittler sozialer Interaktion und emotionaler Zuwendung auf verschiedene Weise. Beim Gassigehen mit ihrem Hund gehört es für viele Besitzer dazu, Gleichgesinnte zu treffen, für ein kurzes Gespräch stehenzubleiben oder auch gemeinsam Spaziergänge zu unternehmen.


Studienergebnisse zeigen, dass Haustiere das Selbstvertrauen stärken, sich in neue soziale Situationen zu wagen, dass es den Besitzern leichter fällt, sich in Gegenwart ihres Haustieres auf andere Menschen einzulassen, und dass sie bei sozialen Interaktionen offener sind. Insgesamt können tierische Freunde die Qualität und Quantität sozialer Interaktionen verbessern.


Für diejenigen, denen es schwer fällt, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten oder zu pflegen, können Haustiere eine Brücke zu anderen Menschen sein. Die gemeinsame Interaktion mit dem Tier kann als Eisbrecher dienen und helfen, soziale Ängste abzubauen und regelmäßig in die Kommunikation mit anderen Menschen zu gehen. Nicht umsonst heißt es, wir Menschen seien "soziale Tiere".


Biografiearbeit


Die Betreuung ihrer Haustiere gibt vielen Besitzern ein Gefühl der Sinnhaftigkeit. Dies ist besonders hilfreich für Menschen, die eine Krise überwinden und einen Weg finden wollen, in ihrem Leben weiterzukommen.


Haustiere können zu einem Gefühl der Kontrolle und Selbstbestimmung beitragen und den Menschen Hoffnung für die Zukunft geben. Die Auswirkungen auf die Identität, das Selbstwertgefühl und die existenzielle Bedeutung können daher nicht hoch genug eingeschätzt werden.


Für Menschen mit ADHS, die oft um mehr Selbstwirksamkeit und ein besseres Selbstwertgefühl kämpfen, können Haustiere eine konstante Quelle der Bestätigung und des Erfolgs sein. Die Fähigkeit, sich um ein Haustier zu kümmern und seine Bedürfnisse zu erfüllen, kann das Selbstbewusstsein stärken und ein Gefühl der Kompetenz vermitteln.


Lohnt sich der ganze Aufwand?


Der Aufwand und die Zeit, die für die Pflege eines Tieres erforderlich sind, die Kosten für Futter und Tierarzt oder die Einschränkungen in Bezug auf Wohnung und Reisen sind natürlich nicht zu übersehen. Auch deshalb werden neue Modelle wie Dog Sharing, bei dem sich Besitzer gemeinsam um einen Hund kümmern und die Verantwortung nicht allein tragen müssen, immer beliebter.


Insgesamt sind die positiven Auswirkungen, die Haustiere auf Menschen ausüben, beeindruckend. Dies gilt umso mehr, wenn die mentale Gesundheit angegriffen ist. Und wer würde nicht gerne mit einem (felligen) Freund durchs Leben gehen, der bedingungslose Zuneigung schenkt?


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