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10 hilfreiche Unterstützungen bei ADHS im Beruf

Leitfaden mit Kommunikationsvorschlägen


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Soll ich bei der Arbeit über mein ADHS sprechen oder es lieber für mich behalten? Als Erwachsener mit ADHS standest Du vielleicht auch schon vor dieser Frage. Keine leichte Entscheidung, denn jede Situation ist sehr individuell und hängt von Deinem Arbeitsumfeld, Deinen Bedürfnissen und Deinen Zielen ab. Und welche Unterstützungen und Anpassungen sind überhaupt hilfreich und möglich?


In diesem Artikel erfährst Du:

  • Welche Vorteile und Nachteile ein offener Umgang mit ADHS am Arbeitsplatz haben kann

  • Welche Anpassungen bei ADHS im Beruf besonders hilfreich sein können

  • Wie Du Deine Bedürfnisse auch ohne Diagnose zu nennen klar kommunizieren kannst

  • Praktische Satzbausteine für Gespräche mit Vorgesetzten oder Kolleginnen


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Welche Vorteile hat es, offen über das eigene ADHS zu sprechen?


Manche Menschen erzählen im Job von ihrem ADHS, weil sie damit klarer machen können, warum bestimmte Anpassungen wichtig sind. Weil Du Dich zum Beispiel im Großraumbüro nicht konzentrieren kannst oder weil unklare Arbeitsabläufe Dich ausbremsen. Oft entsteht dadurch mehr Verständnis und Offenheit im Team und echte Unterstützung und Wertschätzung für Dich.


Mehr Verständnis und weniger Missverständnisse

Wenn Kollegen wissen, dass ADHS hinter bestimmten Verhaltensweisen steckt, interpretieren sie es oft wohlwollender. Statt jemanden als „unorganisiert“ oder „unzuverlässig“ abzustempeln entsteht eher Verständnis dafür, dass manche Menschen mehr Struktur oder Anpassungen brauchen, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Diese Haltung nutzt letztendlich dem gesamten Team.


Offizieller Zugang zu Unterstützung und Anpassungen

Mit einer offenen Kommunikation kannst Du gezielt um Anpassungen bitten, die Dir das Arbeiten erleichtern, z. B. Fokuszeiten, Homeoffice oder strukturierte Aufgaben. In manchen Fällen stehen Dir auch rechtlich verankerte Unterstützungen zu.


Entlastung für Dich selbst

Maskieren und das ewige schlechte Gewissen bei der Arbeit wegen neurodivergenter Besonderheiten führt nicht wenige ADHSler ins Burnout. Offenheit kann da befreiend wirken, denn Du musst Dich nicht ständig rechtfertigen und kannst Dich besser auf die Arbeit fokussieren.


Beitrag zu einer inklusiven Arbeitskultur

Indem Du offen mit Deinem ADHS umgehst, trägst Du auch dazu bei, dass Neurodiversität sichtbarer wird. Das ermutigt vielleicht auch andere Menschen im Unternehmen, zu ihren Besonderheiten zu stehen – die Stärken zu schätzen und die Herausforderungen gemeinsam anzugehen.


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Welche Nachteile kann es im Beruf haben, über ADHS zu sprechen?


Auf der anderen Seite ist Offenheit nicht immer die beste Wahl. Noch immer gibt es Vorurteile, und nicht jede Organisation hat eine offene und wertschätzende Kultur im Umgang mit Vielfalt im Allgemeinen und Neurodivergenz im Besonderen. Vor allem in der Probezeit oder wenn das Vertrauen zu Führungskräften nicht groß ist, kann es sich sicherer anfühlen, erst einmal anhand von praktischen Vorschlägen anstatt aufgrund einer Diagnose zu verhandeln.


Vorurteile und Stigma

Leider gibt es in vielen Unternehmen noch zu wenig Wissen und falsche Vorstellungen über ADHS und Neurodivergenz. Manche fürchten, dass Offenheit zu Nachteilen bei Projekten oder Beförderungen führen kann.


Unsichere Reaktionen im Team

Manche Kolleginnen reagieren mit Verständnis, andere vielleicht mit Skepsis. Das lässt sich vorher schwer einschätzen.


Zeitpunkt und Abhängigkeit

In der Probezeit oder wenn Du stark von einer einzelnen Führungskraft abhängig bist, kann Offenheit riskant sein. In solchen Phasen ist es oft besser, Anpassungen symptom-orientiert zu verhandeln.


Gesundheitsdaten sind sensibel

ADHS gehört zu den persönlichen Gesundheitsinformationen. Wenn Du sie teilst, ist es schwerer zu kontrollieren, ob andere damit angemessen sensibel umgehen. Ob und wem Du davon erzählst, bleibt daher ganz allein Deine Entscheidung.


Das Wichtigste: Bedürfnisse klar benennen


Rechtlich bist Du nicht verpflichtet, Dein ADHS offenzulegen. Gesundheitsinformationen sind sensibel und gehören Dir allein. Einen klaren Rechtsanspruch auf bestimmte Anpassungen hast Du nur dann, wenn eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung anerkannt ist – aber auch ohne diese kannst Du Anpassungen aushandeln, wenn Du sie gut begründest. Viele Führungskräfte sind froh über konkrete Vorschläge, die die Zusammenarbeit erleichtern.


Deshalb ist es in jedem Fall das Wichtigste, Deine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen und nicht die Diagnose, um Unterstützung zu bekommen. Es reicht völlig, wenn Du erklärst, was Dir hilft und wie das Team davon profitiert. So kannst Du Anpassungen auf eine konstruktive Weise erreichen, ohne Dich angreifbar zu machen.


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10 Typische Anpassungen bei ADHS im Job – und wie Du danach fragen kannst


1 – Fokuszeiten

Menschen mit ADHS arbeiten oft in Phasen des Hyperfokus. In diesen Zeitfenstern ist die Konzentration extrem hoch und sorgt für große Produktivität, sofern sie nicht unterbrochen wird. Denn Unterbrechungen reißen Dich aus dem Arbeitsfluss und die Forschung zeigt, dass es jedes Mal sehr lange braucht, um zurück in die volle Konzentration auf die Aufgabe zu finden. Fest vereinbarte Fokuszeiten hingegen geben Raum für Hyperfokus und tiefe Konzentration.

So kannst Du es kommunizieren: „Ich merke, dass ich komplexe Aufgaben am besten in konzentrierten Blöcken erledige. Können wir zwei Nachmittage pro Woche als störungsfreie Fokuszeit vereinbaren?“


2 – Meeting-freie Zeiten

Ständige Meetings zerreißen den Arbeitstag und erschweren das Dranbleiben. Für Menschen mit ADHS ist das Umschalten zwischen Aufgaben besonders energieintensiv. Ganze Nachmittage oder einzelne Tage ohne Meetings reduzieren diese Reibungsverluste und schaffen Raum für die Erledigung wichtiger Aufgaben.

So kannst Du es kommunizieren: „Mir hilft es, wenn ich mindestens einen Tag pro Woche keine Meetings habe. So kann ich mich den wichtigen Themen besser widmen. Wäre es möglich, die Meetingzeiten mehr zu bündeln?“


3 – Schriftliche Briefings

Mündliche Infos verpuffen oft schnell, wenn die Konzentration gerade niedrig ist oder das Arbeitsgedächtnis schon überlastet ist. Schriftliche Zusammenfassungen und To-dos geben dagegen Orientierung, schaffen Transparenz und Sicherheit und sparen unterm Strich auch Zeit.

So kannst Du es kommunizieren: „Ich bin schneller und zuverlässiger, wenn ich nach Meetings eine schriftliche Übersicht habe. Ich schlage vor, das wir zu diesem Zweck regelmäßig per KI eine Zusammenfassung der Informationen und Aufgaben für alle erstellen.“


4 – Planungs-Tools

To-do-Listen im Kopf verschwinden schnell, visuelle Boards hingegen machen Aufgaben und Fortschritte nachvollziehbar für alle. So wird sichtbar, was ansteht, was gerade läuft und was fertig ist. Das entlastet das Gedächtnis und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Prioritäten richtig gesetzt und Deadlines eingehalten werden.

So kannst Du es kommunizieren: „Mir hilft ein Aufgabenboard, um eine bessere Übersicht zu behalten und die Prioritäten richtig zu setzen. Können wir ein gemeinsames Tool nutzen, in dem alle Aufgaben sichtbar sind?“


5 – Angepasste Arbeitsumgebung

Menschen mit ADHS sind oft reizoffen und dadurch schneller abgelenkt. Geräusche, Gespräche oder visuelle Ablenkungen können die Konzentration erschweren. Eine ruhige Umgebung zum konzentrierten Arbeiten, ein Treffpunkt für kreatives Brainstorming oder eine Kollegin im Zimmer fürs Body Doubling – die Bedürfnisse können je nach Aufgabe oder Tageszeit ganz unterschiedlich sein.

So kannst Du es kommunizieren: „Für konzeptionelle Aufgaben brauche ich mehr Ruhe. Wäre es möglich, dass ich einen ruhigeren Arbeitsplatz bekomme oder an zwei Tagen im Homeoffice arbeite?“


6 – Feedback und Check-ins

Einige ADHSler neigen dazu, im Arbeitsprozess die Orientierung zu verlieren oder Prioritäten falsch einzuschätzen. Kurze, regelmäßige Abstimmungen stellen sicher, dass die Richtung stimmt und verhindern, dass sich inhaltliche oder zeitliche Abweichungen zu großen Problemen auswachsen.

So kannst Du es kommunizieren: „Ich bleibe besser auf Kurs, wenn ich zwischendurch Feedback bekomme. Können wir einen regelmäßigen 10-Minuten-Check-in am Montagmorgen einplanen?“


7 – Detaillierte Aufgabenstellung

Große Aufgaben wirken oft überwältigend und können zu Prokrastination, also Aufschieben, führen. Werden Projekte in kleinere Schritte zerlegt, entsteht nicht nur eine klarere Struktur, sondern auch mehr Erfolgserlebnisse, die motivieren.

So kannst Du es kommunizieren: „Bei großen Projekten hilft es mir, wenn wir die Arbeitsschritte gemeinsam aufteilen. Können wir das beim anstehenden Projektstart zusammen machen?“


8 – Technische Hilfsmittel

Digitale Tools wie Projektmanagement-Software, KI-Anwendungen, Erinnerungs-Apps oder Noise-Cancelling-Kopfhörer können die Produktivität enorm steigern. Sie strukturieren Aufgaben, reduzieren Ablenkungen und helfen, Deadlines einzuhalten. Oft übernimmt der Arbeitgeber die Kosten, wenn die Hilfsmittel nachweislich die Arbeitsfähigkeit verbessern.

So kannst Du es kommunizieren: „Für meine Aufgaben wäre ein Noise-Cancelling-Headset sehr hilfreich, um konzentriert und strukturiert arbeiten zu können. Besteht die Möglichkeit, dass das Unternehmen diese Ausstattung bereitstellt?“


9 – Weiterbildung und Workshops

Trainings zu Zeitmanagement, Kommunikation oder Stressbewältigung sind nicht nur für Menschen mit ADHS wertvoll, sondern auch für ganze Teams. Sie vermitteln praxisnahe Strategien und schaffen mehr Verständnis für unterschiedliche Arbeitsweisen.

So kannst Du es kommunizieren: „Ich habe gesehen, dass es Workshops zu Zeit- und Selbstmanagement gibt. Ich würde daran gerne teilnehmen, weil ich davon sehr in meiner Arbeit profitieren würde. Wäre es möglich, mich dafür freizustellen und die Kosten zu übernehmen?“


10 – Individuelles Coaching

ADHS bringt oft besondere Stärken mit sich – Kreativität, Energie, Problemlösetalent. Gleichzeitig kann es schwerfallen, diese Stärken im Arbeitsalltag gezielt einzusetzen. Ein Coach kann dabei helfen, die eigenen Muster besser zu verstehen, Strategien für Organisation und Selbstmanagement zu entwickeln und mehr Sicherheit im Arbeitsalltag zu gewinnen. So kannst Du Dein Potenzial voll entfalten und das Team stärken.

So kannst Du es kommunizieren: „Ich denke, dass mir ein Coach effektiv helfen kann, meine Arbeitsweise zu strukturieren und produktiver zu gestalten. Ich bitte darum, dass unsere Organisation mich dabei unterstützt, durch Kostenübernahme und Freiräume für die Sitzungen.“


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Dein Weg mit ADHS im Job

Ob Du offen über ADHS sprichst oder nicht, ist eine strategische Entscheidung. Wichtig ist, dass Du Deine Bedürfnisse klar benennst, denn nur so entstehen Arbeitsbedingungen, in denen Du Dein Potenzial zeigen kannst. Du musst nicht sagen „Ich habe ADHS“. Es reicht die einfache Botschaft: „So arbeite ich am besten und davon profitiert das ganze Team.“


Du möchtest Unterstützung dabei, Deinen Arbeitsalltag positiver zu gestalten und für Deine Bedürfnisse im Job besser einzustehen? Ich unterstütze Dich gerne dabei mit individuellem ADHS-Coaching oder einem Workshop für Deine Organisation.



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