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Mit Habit Stacking zu mehr Struktur im ADHS-Alltag

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Wie zufrieden bist du mit deiner Alltagsstruktur? Also mit dem Rhythmus deiner Arbeit, einem ausreichenden Schlaf, der regelmäßigen Erledigung von Aufgaben oder anderen wiederkehrenden Routinen?


Was für viele neurotypische Menschen selbstverständlich ist, gleicht für Menschen mit ADHS dagegen oft einem Drahtseilakt: Sind die Routinen zu starr, werden sie schnell als Einschränkung empfunden. Ist die Struktur zu locker, entsteht leicht überforderndes Chaos.


Eine gut passende Struktur kann dabei enorm entlasten. Warum ist eine Alltagsstruktur so wichtig? Warum fällt es Menschen mit ADHS so schwer, eine gute Struktur in ihrem Alltag zu etablieren? Und wie kann die Methode des Habit Stacking helfen, nachhaltige Routinen zu entwickeln?


Warum ist Alltagsstruktur bei ADHS so wichtig?


Eine gut durchdachte Struktur kann das Leben mit ADHS nicht nur vereinfachen, sondern auch tiefgreifend verbessern. Sie hilft dir, Energie gezielter einzusetzen, Entscheidungsstress zu reduzieren und regelmäßig für das zu sorgen, was du wirklich brauchst.


Alltagsstrukturen zu etablieren hat viele Vorteile:

  • Geringere mentale Last: Wenn du weißt, was wann dran ist, brauchst du weniger bewusste Entscheidungen zu treffen.

  • Körpergedächtnis statt Arbeitsgedächtnis: Laufend wiederholte Routinen werden automatisiert, sie laufen dann wie von selbst und brauchen nur noch wenig von deiner Aufmerksamkeit. Das entlastet das bei ADHS oft überforderte Arbeitsgedächtnis.

  • Stärkung essentieller Bedürfnisse: Regelmäßiges Essen, Bewegung, Schlaf, Ruhephasen – all das lässt sich durch Strukturen besser in den Alltag einbauen.

  • Mehr Selbstwirksamkeit: Du bekommst wieder größeres Vertrauen in deine Fähigkeiten: Ich kann Dinge verändern – und ich darf das in meinem Tempo tun. Schritt für Schritt.


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Die besondere Herausforderung für Menschen mit ADHS


Wenn du ADHS hast, kennst du es wahrscheinlich: Eine neue Gewohnheit klingt erstmal gut, aber nach ein paar Tagen ist sie wieder vergessen oder zu schwer durchzuhalten. Oder du startest mit einem perfekten Plan (gerne zwei Nummern zu groß), der dann von einem unvorhergesehenen Ereignis komplett über den Haufen geworfen wird.


Woran liegt es, dass neue Gewohnheiten so schwer zu etablieren sind?

  • Impulsivität & Reizoffenheit machen es schwer, einen Plan langfristig in die Tat umzusetzen.

  • Schwankungen von Energie und Motivation sorgen dafür, dass etwas heute leicht und morgen fast unmöglich erscheint.

  • Exekutive Dysfunktion, also Schwierigkeiten bei der Selbststeuerung erschweren es, Routinen zu starten, dranzubleiben und zuende zu bringen.

  • Innere Kritik oder Glaubenssätze wie „Ich bin einfach nicht diszipliniert genug“ erschweren es auch auf emotionaler Ebene, überhaupt anzufangen.


Die gute Nachricht ist: Es gibt verschiedene Strategien, wie du Strukturen entwickeln kannst, die zu dir und deinem Leben passen. Eine davon ist das Habit Stacking.


Was ist Habit Stacking?


Habit Stacking heißt so viel wie „Gewohnheiten stapeln“ und ist eine Methode aus dem Bereich der Verhaltenspsychologie, bekannt geworden durch James Clear und sein Buch "Die 1%-Methode" (engl. "Atomic Habits").


Die Idee ist so einfach wie effektiv: Neue Gewohnheiten lassen sich leichter etablieren, wenn Du sie direkt an bestehende Gewohnheiten dranhängst.


Anstatt unspezifische Ziele zu setzen ...:„Ich will jeden Morgen meinen Tag planen.“ Und dann vergessen, es zu tun, oder jedes Mal neu zu überlegen, wann ein guter Zeitpunkt dafür wäre ...


... schließt du die neue Gewohnheit an eine bestehende an: „Nachdem ich meinen Kaffee zubereitet habe, plane ich meinen Tag.“


Das nutzt mehrere Prinzipien:

  • Du brauchst keine neue Erinnerung, denn die bestehende Gewohnheit dient als Startrampe für die neue.

  • Es entsteht ein Mini-Ritual, das mit der Zeit ins Körpergedächtnis übergeht.

  • Du baust auf etwas Bestehendem auf und gewinnst dadurch Sicherheit.


Auf unser Beispiel übertragen bedeutet das: Den Kaffee mache ich mir sowieso jeden Morgen (bestehende Gewohnheit). Ich setze mich anschließend mit meinem Kaffee an den Küchentisch, sehe in meinen Kalender und plane, wie der heutige Tag ablaufen wird (neue Gewohnheit). Die Zubereitung des Kaffees wird verknüpft mit der Tagesplanung am Küchentisch und in dieser Abfolge mit der Zeit automatisiert. Sowohl die zeitliche Abfolge als auch der feste Ort unterstützen dich dabei, diese neue Gewohnheit zu etablieren.


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Die Wenn-Dann-Formel


Einfach gesagt, funktioniert Habit Stacking nach einer simplen Formel:

Wenn ich [bestehende Gewohnheit], dann [neue kleine Gewohnheit].“

Weitere Beispiele für die Tagesplanung mithilfe von Habit Stacking könnten so aussehen:

  • Wenn ich morgens dusche, dann überlege ich mir, was heute wirklich wichtig ist.

  • Wenn ich den Computer starte, dann öffne ich als erstes den Kalender und die To-do-App und plane meinen Tag.

  • Wenn ich abends die Zähne putze, dann schaue ich kurz auf den nächsten Tag und überlege schon mal, wie der Tag morgen aussehen wird.


Selbst Menschen, die von sich sagen, dass sie überhaupt keine Struktur in ihrem Alltag haben, folgen bestimmten Mustern oder wiederholen bestimmte Tätigkeiten – wünschenswert oder nicht. Genau diese Muster sind Gold wert, denn daran kannst du anknüpfen und hilfreiche Gewohnheiten aufbauen.


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So beginnst Du mit Habit Stacking


Damit Habit Stacking für dich funktioniert, lohnt es sich, ein paar Dinge zu beachten, besonders bei ADHS:


1. Klein anfangen

Deine neue Gewohnheit sollte so klein sein, dass sie schon fast lächerlich einfach wirkt. So einfach, dass der innere Widerstand kaum noch eine Chance hat. Zum Beispiel:

  • 1 Schluck Wasser – und nicht unbedingt ein ganzes Glas

  • 1 Minute Bewegung – und nicht gleich ein ganzes Workout

  • 1 Aufgabe in deinem Tagesplan – und nicht unschaffbare zehn

Du kannst später immer noch mehr daraus machen, aber der Anfang muss leicht sein.


2. An bestehende Routinen andocken

Wähle eine Handlung, die du ohnehin regelmäßig machst. Die Devise lautet: Je banaler sie dir erscheint, umso besser! Zum Beispiel:

  • Wenn ich nach Hause komme und die Tür schließe, dann lege ich meinen Schlüssel in eine Schale (und muss ihn später nicht suchen).

  • Wenn ich den Frühstücksteller in die Spülmaschine räume, dann packe ich einen gesunden Snack ein (anstatt in letzter Minute zum Fast Food zu greifen).

  • Wenn ich ins Bad gehe, dann trinke ich etwas Wasser (und sorge so für eine ausreichende Trinkmenge).


3. Ablenkung reduzieren

Wenn du den Kontext bewusst gestaltest und z. B. visuelle Erinnerungen einsetzt, erstmal an einem ruhigen Ort übst und eine feste Reihenfolge etablierst, hilfst du deinem Gehirn, die neue Mini-Routine schneller zu verankern.


4. Geduld mit dir selbst haben

Nicht jede Routine wird sofort funktionieren. Sei neugierig und nicht so streng mit dir selbst. „Was hilft mir, dranzubleiben?“ ist eine bessere Frage als: „Warum krieg ich das nicht hin?“ Denn wenn etwas partout nicht klappen will, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass die Aktivität, die Zeit oder der Ort noch nicht optimal für dich passen.


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Ideen für eine Morgenroutine mit Habit Stacking


Hier sind ein paar einfache Beispiele, wie du mit kleinen neuen Gewohnheiten schon am Morgen gesund und strukturiert in den Tag starten kannst:


  1. Wenn ich aufstehe, dann öffne ich das Fenster und atme 3 mal tief durch.

  2. Wenn ich ins Bad gehe, dann nehme ich meine Medikamente.

  3. Wenn ich das Teewasser aufgesetzt habe, dann dehne ich meinen Körper.


Das Ganze dauert keine 5 Minuten – und kann dir helfen, mit mehr Orientierung in den Tag zu starten und dich wohl in deinem Körper zu fühlen.


Kleine Gewohnheiten für den großen Unterschied


Struktur im Alltag mit ADHS ist keine Frage von Disziplin, sondern von Passung. Je besser die Struktur zu dir und deinem Leben passt, desto leichter wird sie sich verankern. Methoden wie Habit Stacking machen es dir leichter, neue Gewohnheiten zu etablieren. Und zwar ohne große Vorsätze zum Neuen Jahr.


Du brauchst keine perfekte Routine. Du brauchst eine, die für dich funktioniert. Und manchmal macht ein Glas Wasser und ein kurzer Moment der Tagesplanung den ganzen Unterschied.


Neugierig geworden? Wenn du Unterstützung suchst, deine eigenen Routinen zu finden und Alltag mit ADHS leichter zu gestalten, dann lass uns darüber sprechen. Ich begleite dich gern im Coaching.



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